Vier Verbrecher wollen die Welt beherrschen. Aber sie haben die Rechnung ohne Poirot gemacht.
Kein typischer Poirot. Vieles wirkt an den Haaren herbeigezogen, könnte eher aus der Feder von
Edgar Wallace oder
Ian Fleming stammen.
Christie arbeitet hier ab, was sie nie beherrscht hat: Weltverschwörung (die hier so unglaubhaft wirkt wie in allen anderen ihrer Bücher). Diesmal sind es zwar vier, aber warum gerade diese vier, wird nie völlig klar. Ein Chinese (der nie auftritt), ein reicher Mann, eine Wissenschaftlerin und dann auch noch ein gescheiterter Schauspieler. Was diese vier zusammen führt? Keine Ahnung? Wodurch sie Macht haben? Keine Ahnung (bei dem reichen Amerikaner kann man es sich vorstellen, aber die Wissenschaftlerin?). Man merkt dem Buch an, daß es als Zeitschriftenserie konzipiert war. Man merkt, daß Christie noch weit davon entfernt ist, sich von Holmes emanzipiert zu haben, es wird immer wieder Bezug auf ihn genommen, ohne den Namen zu nennen. Hastings, ein verheirateter Mann, lässt seine Frau allein in Südamerika zurück, nicht einige Wochen sondern fast ein Jahr - und gleicht damit Watson, der für Holmes jederzeit bereit war seine Frau(en) zurückzulassen.
Hastings ist hier der Über-Watson, er ist der Watson, der Nigel Bruce war, der Watson, den Doyle so nicht geschaffen hat. Hastings ähnelt hier der Figur, die Jonathan Cecil an der Seite von Peter Ustinovs Poirot gespielt hat, ist meilenweit entfernt von Hugh Fraser (an der Seite von Suchets Poirot).
Das Buch wird mehrmals ausgesprochen albern, vor allem als Poirot vorgibt, einen Zwillingsbruder namens Achille zu haben - eine Figur, die eindeutig an Mycroft angelegt ist. Einen nicht existierenden Bruder, der nur dazu dient, Hastings und dadurch die Verbrecher zu täuschen. Ein schöner Freund, der ein solch übles Spiel treibt.
Nicht gerade Christies schlechtestes Buch, aber sicher nicht weit davon entfernt.
Erstaunlicherweise griff Heinz Looser bei der Gestaltung des deutschen Umschlags auf das selbe Motiv wie Pan zurück.
Beim Vergleich Original/Übersetzung fällt sofort auf, daß man im Deutschen auf die Kapitelüberschriften verzichtet. Sollten diese von Mrs. Christie stammen, ist dies für mich ein ungerechtfertiger Eingriff in das Manuskript.
Der Beginn des Romans:
Agatha Christie |
Hans Mehl |
Chapter 1
The Unexpected Guest
I have met people who enjoy a channel crossing; men who can sit calmly in their deckchairs and, on arrival, wait until the boat is moored, then gather their belongings together without fuss and disembark. |
1
Bei meinen wiederholten Reisen über den Ärmelkanal bin ich Leuten begegnet, denen die Überfahrt sichtliches Wohlbehagen bereitete. Menschen, die gemütlich in ihren Deckstühlen saßen, bei der Ankunft ruhig abwarteten, bis das Schiff festgemacht hatte, und erst dann, ohne Übereilung, ihre Habseligkeiten zusammenpackten und das Schiff verließen. |
Besonders genau ist die Übersetzung nicht (Richtig wäre:
Ich habe Leute getroffen, die eine Kanalüberquerung genießen; Männer, die ruhig in ihren Deckstühlen sitzen können und, bei der Ankunft, warten bis das Schiff festgemacht hat, dann ihre Habseligkeiten ohne Hast zusammenpacken und von Bord gehen.) Ausserdem macht Mehl aus einem Satz mehrere Sätze.
Das Ende des Romans:
Agatha Christie |
Hans Mehl |
He laughed heartily at the idea, but with a touch of embarrassment. I hope ... small men always admire big flamboyant women -
"Marry and arrange myself", he said again. "Who knows?" |
"Ich sehne mich sogar danach ... Kleine Leute bevorzugen stets große, rotblonde Frauen ... Heiraten und ein Heim gründen", meinte er versonnen. "Wer weiß?" |
Hier kann es einen richtig gruseln. Nicht nur, daß aus zwei Absätzen einer wird, nein, Mehl macht eine Bemerkung Hastings zur wörtlichen Rede Poirots - und nimmt ihr noch den Sinn. Kleine Leute (was auf Poirot nicht zutrifft) ist nun mal etwas anderes als kleine Männer (was auf Poirot zutrifft).
Zwei Sätze, aber sie zeigen, daß zumindest diese deutsche Übersetzung nicht die Arbeit Christies wiedergibt - was ihr aber nicht ihren Unterhaltungswert nimmt.