20.12.15
Falls Sie den Film noch nicht gesehen haben, wenden Sie sich an dieser Stelle bitte anderen Dingen zu, denn es folgen etliche Spoiler.
Ich meine das ernst.
Spoiler.
Wirklich.
Sind wir jetzt unter uns?
Gut.
Hat Ihnen der Film gefallen?
Nach all dem Hype war eines klar: Er konnte gar nicht alle Erwartungen erfüllen.
Das Gute zuerst:
- J.J. Abrams hat auf Lichtreflexe verzichtet.
- John Williams hat die Musik geschrieben.
- Harrison Ford, Carrie Fisher und Anthony Daniels hatten die richtigen Synchronsprecher.
Das ist immerhin schon etwas.
Nein, ich bin kein Freund der Star Wars-Romane. Aber bisher habe ich immer gehört, dass Lucasfilm sich wirklich darum kümmert, dass die Romane und Comics sich nicht widersprechen, damit ein einheitliches Universum entsteht. Es sollte eben nicht wie das Star Trek-Universum sein, in dem die Romane - egal wie gut und erfolgreich sie sind oder waren - nicht zum Kanon gehören.
Dann kommt J.J. Abrams - und all das ist nicht mehr gültig. Einfach so. Und völlig überflüssig.
Wenn ich Leser der Romane wäre, würde ich mir verarscht vorkommen.
Doch der Reihe nach.
Der Film fängt ätzend an. Personen tauchen auf, die uns nichts sagen, für die wir nichts empfinden - und das bleibt auch recht lange so.
Ja, es kommt Bewegung in die Geschichte. Ja, es tritt jemand mit Maske auf (Kylo Ren), von dem wir nur wissen, dass er ein kümmerlicher Darth Vader-Ersatz sein soll.
Und dann gibt es da einen Sturmtruppler, der sich nicht wie sonst verhält. Nachdem ein Kamerad getötet wurde, entschließt dieser eine ST sich, nicht mehr zu töten. Warum? Keine Ahnung. Statt den Kameraden zu rächen, steht er plötzlich auf der anderen Seite - und er wird im Verlauf des Films etliche seiner ehemaligen Kameraden töten.
Dieser Sturmtruppler ist Finn. Als Kind wurde er seinen Eltern geraubt, vom Imperium aufgezogen (jetzt: die Erste Ordnung) und nachdem er all das hinter sich läßt, kann er, der nie etwas anderes gekannt hat als das Militär, sich in allen Lebenslagen gut behaupten.
Finn trifft auf Rey, die ganz klar als Nachfolgerin von Luke gedacht ist.
Zusammen schnappen sie sich den Millenium Falcon (diesmal auf deutsch: Millenium Falke), vollführen damit etliche tollkühne Manöver (es ist ja nicht besonders schwer, ein Raumschiff zu steuern, vor allem, wenn man wie Rey das ganze Leben damit zugebracht hat Schrott zu sammeln).
Schließlich gelangen sie zufällig an Bord eines Schiffes, das Han Solo und Chewbacca gehört.
Ab diesem Moment wird der Film deutlich besser.
Harrison Ford sieht wirklich alt und verbraucht aus. Und er ist erst 73 Jahre alt. Vor zwanzig Jahren hätte man sich nicht gewundert, wenn ein Mann über 70 so aussieht, aber heute? Was hat er für ein Leben geführt?
Aber zur Rolle passt das.
Etwas später taucht Carrie Fisher auf. Wenn Sie mich fragen: Sie hat mißglückte OPs hinter sich. Mit 59 sieht man nicht soooo alt aus.
Aber ich bin trotzdem froh, sie zu sehen.
Dann kommt, was unbedingt bis zur Premiere geheimbleiben sollte: Kylo Ren ist der Sohn von Leia und Han. Warum? War das nötig?
Ja, es war nötig, weil es zu Abrams Philosophie gehört: Keine eigenen Ideen entwickeln. Nur das recyceln, was früher schon da war.
Es wird noch schlimmer.
Rey gerät in die Gefangenschaft von Kylo Ren.
Er erkennt, dass die Macht stark in ihr ist.
Und ab diesem Moment, ohne dass sie das gehört hat, weiß sie plötzlich auch, dass die Macht stark in ihr ist.
Eine der vielen, wirklich vielen Schlampereien des Drehbuchs.
Dann kommt es zur Konfrontation zwischen Han und Kylo Ren.
Die findet natürlich auf einem schmalen Steg über einem unendlichen tiefen Abgrund statt.
Han geht auf seinen Sohn zu. Der, der sich als das absolute Böse positioniert hat, tut so, als würde er sich von Worten seines Vaters wieder in sein früheres Leben zurückziehen lassen - und Han, Han, der ewige Pessimist glaubt ihm das und lässt sich von ihm erstechen. Einfach so.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen ging, aber für mich hatte sich das abgezeichnet.
Danach wiederholt Abrams die Todessternszenen aus dem ersten Film, zeigt einen Schwertkampf zwischen Kylo Ren und Rey (die noch nie so ein Ding in Händen hatte, aber perfekt damit umgehen kann).
Finn wird verwundet (während alle anderen immer sofort sterben, überlebt er. Seltsame Geschichte.)
Und schließlich findet in einer Art Nachgedanke, Rey Luke Skywalker, der sich vor Jahrzehnten zurückgezogen hat. Sie findet ihn, allein auf einem Berg, auf einem Planeten. Einfach so.
Und dann ist der Film aus.
Abrams hatte versprochen, die Geschichte fortzusetzen, tatsächlich liefert einen (stellenweise recht amüsanten und bilderstarken) Neuaufguss, dem es an eigenen Ideen mangelt. Die alte Garde hat die besten Momente im Film und spielt ihre vermeintlichen Nachfolger locker an die Wand.
Teil 1 bis 3 werden oft (manchmal unverdient, manchmal verdient) heftig kritisiert. Aber gegen Teil 7 sind das Meisterwerke.
Sicher, im Laufe der Zeit wird man sich an den Film gewöhnen, man wird ihn auch öfters anschauen und dann vielleicht noch mehr Schwachstellen entdecken.
Sicher, der Film ist bereits heute enorm erfolgreich.
J.J. Abrams, in Personalunion Regisseur, Produzent und Drehbuchautor, hat den Film in den Sand gesetzt.
Teil 8 wird folgen, aber ich bin sicher, dass er nicht die Vorverkaufsergebnisse des 7. Teils haben wird.
Und ich wage schon eine Voraussage: Rey ist ein Teil der Familie von Luke und Leia.